Grönland - Liebe zur Erde

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Grönland

Im Bild oben: Anflug über Ostgrönland, etwas nördlich vom Polarkreis. Man sieht spiralförmig die große, sich auflösende Eisscholle und eine Vielzahl von zum Teil riesigen Eisbergen treiben. Flughöhe über 12500 m.



Grönland


Grönland - das bedeutet Eis.
Eis in seinen tausend Variationen. Und vor allem: Eis in seinem Spiel mit dem Licht, seinem grellen Weiß oder abgedämpften Nebeln, der polarnächtlichen Dunkelheit und den Farben der langen, langen Dämmerungen.

Grönland, auf Grönländisch Kalaallit Nunaat, „Land der Kalaallit“, wird trotz seiner Größe von 2600 km Länge und bis zu 1200 km Breite noch als Insel bezeichnet und gehört geologisch zum arktischen Nordamerika. Durch den nahezu das ganze Land bedeckende Eisschild ist Grönland eine der größten Wüsten der Erde und hat, abgesehen von der Antarktis, mit nur 56000 (!) Einwohnern die geringste Bevölkerungsdichte der Welt. Vom Ende Grönlands (83° 40′ nördlicher Breite) bis zum Nordpol sind es noch 700 km - über das zugefrorene Arktische Meer.

Arktische Meeresströmungen ziehen an Grönlands Ostküste entlang südwärts und frühen Packeis mit sich, das sich im Winter bis um die Südspitze Grönlands herum legt. Auf der Westseite hingegen führt ein Ableger des Golfstroms warme Wassermassen die Küste hinauf nach Norden, wodurch die Gebiete hier länger eisfrei sind und der Abstand zum Inlandseis zum Teil 150 km betragen kann.



Im Bild oben der Übergang von den Bergen Ostgrönlands in die flache Unendlichkeit des Eisschildes









Bild oben: Westgrönland mit seiner ausgeprägten Fjordlandschaft rund um Maniitsoq


Grönlands Landmasse scheint sich unter dem Eis in 2 große Nord-Südlich verlaufende Gebirgsketten zu gliedern mit einem außerordentlich tiefen Talbecken in der Mitte, das durch eine der weltweit größten Schluchten durchzogen wird. Darüber erhebt sich der bis 3400 m dicke, im Schnitt ca 2000 m hohe leicht gewölbte Grönländische Eisschild, der nahezu das gesamte Land bedeckt: beeindruckend dabei ist, daß es keine Bergspitzen mehr gibt, die den Eisschild durchbrechen: wer auf dem Inlandeis unterwegs ist, sieht nichts anderes mehr als das große eisige Weiß - und bei gutem Wetter den Horizont. Welche Erfahrungen in den Zeiten der Mitternachtssonne, wenn es nicht mehr dunkel wird, dabei gemacht werden können, berichten eindrucksvoll Expeditionsteilnehmer, die häufig sehr bald an ihre persönlichen Grenzen vorstoßen: alles, woran das Selbst an den normalen Tageseindrücken - Farben und Strukturen - anstösst und daran reflektieren kann, fällt weg und der Mensch wird reduziert auf sich selbst und bei gutem Wetter dem Horizont um sich herum.





Auf dem Eisschild bilden sich in bestimmten Regionen Seen und Wasserläufe mit geschmolzenem Gletscherwasser, in dem überirdischsten Türkis, das ich je gesehen habe. Mittlerweile weiß man, daß sich diese Seen plötzlich in wenigen Stunden wieder entleeren können in sich bildende unterirdische Schmelzwasserkanäle. Die Befürchtung ist, daß der Inlandseisschild auf diesen Wasserkanälen gleichsam noch schneller abwärts rutscht und sich die Enteisung Grönlands dadurch weiter beschleunigt.






Dieser Eisschild bewegt sich nun mehr oder weniger langsam fließend abwärts zu den Küsten, in den langen Gletscherzungen kalben dann Eisberge von auch mal mehreren Kilometern Länge ins Meer (siehe Bild links).

Föhnwinde und warme Schneestürme strömen gerade auch im Winter zur Küste hin, die dadurch im Westen zum Teil eine Trockensteppe mit salzhaltigen Seen geworden ist, was man hier auf dem Flugbild unten ganz gut sehen kann:






Außerordentlich berührt hat mich, daß Teile Grönlands zu den ältesten Gesteinsschichten der Erde zählt. Wenn man dieses Bild links aus der Region von Maniitsoq ansieht, die dazu gezählt wird, kann berühren, wie stark ab- und rundgeschliffen dieses harte Gestein von den Jahrtausenden darüber hin wälzenden Eismassen geworden ist!

Dem gegenüber ist die berühmte Diskoinsel deutlich späteren und vulkanischen Ursprungs, was sich überraschenderweise auch in den Mythen der Inuit spiegelt: Diese berichten, daß die Insel im Süden Grönlands im Weg war und daher mit Kajaks in den Norden versetzt wurde.


Seltsamerweise konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß in dem Land etwas vom Zustand alter Zeiten bewahrt ist - eventuell sogar von Zeiten, in denen die Insel grüner waren. Nun mag das einerseits durch den Eisschild kommen, der ja noch von der letzten Eiszeit stammt. Auch die Inuit als Jäger- und Sammlervolk bewahren einen früheren Kulturzustand der Menschheit. Doch man hat mittlerweile auch in Bohrkernen nachgewiesen, daß sich im Inland unter dem Eisschild DNA-Reste von Kiefern, Eiben und Erlen,  von Schmetterlingen und anderen Insekten gefunden wurden, wodurch auch von wissenschaflticher Seite her vermutet wird, daß Grönland einstmals ein grünes Land mit deutlich wärmerem Klima als heute war.

Mitternachtssonne und Polarnacht, Zeitlosigkeit und Nebel






Für die Mitternachtssonne sind wir ein paar Wochen zu spät, die ist in Ilulissat vom 20. Mai bis 20. Juli zu sehen. Hier wird es aber dennoch nicht wirklich dunkel und das Ziehen der Sonne in fast immer gleicher Höhe gibt uns einen guten Eindruck, da es nachts auch nicht wirklich dunkel wird. Und das stundenlange warten in der Dämmerung darauf, daß die Sonne untergeht, regt mich zum Reflektieren an:

Im Äquatorialbereich der Erde hat der Sonnenlauf in seiner Tagesveränderung eine große Konstanz, die das Jahr über in etwa gleich bleibt: Rasches aufgehen, mit starker Steigung herauf zum Zenit und in selber Art wieder hinunter - jede Stunde des Tages hat so einen bestimmten Sonnenhöhestand. Nach sehr kurzer Dämmerung versinkt die Sonne für dieselbe Zeit und macht der Dunkelheit Platz: ständiger Wechsel am Tag mit wenig Modifikation während des Jahres.

An den Polen wiederum das andere Extrem: hier gibt es während eines Jahres nur eine Nacht, einen Tag und 2 endlose Dämmerungszeiten, was sich zum Polarkreis hin zwar abschwächt, aber der Tendenz nach durchaus erlebbar ist. Ich als nordischer Neuling habe nun also erst mal auf einen Lichtwechsel gewartet - sei es am Tag oder in der Dämmerung - der endlos nicht kam. Als Resultat stellt sich eine Art Zeitlosigkeit ein, von denen besonders auch Menschen berichten, die sich den Polen und Ihren Bedingungen stärker aussetzen:

Der Mensch hat nun seinen Schlafzyklus und damit seine Ich-Präsenz eigentlich an den Tag-Nacht-Rhythmus angepasst (bis in die Organfunktionen hinein). Zudem sind seine Sinneswahrnehmungen wie Farbe und Formen nicht nur geistige Anregung, sondern eine Art inneres Stützkorset für sein Selbsterleben. Daß das so ist, merkt man erst, wenn man auf ewigem Eis steht, wie es hier in Grönland auf dem Eisschild möglich ist. Dem Mensch der Polargebiete ist also das Stützkorset, das für Selbsterleben und Tagesaktivität (die letztlich doch einen regelmäßigen Schlaf voraussetzt) von 2 Seiten her genommen: durch das ständige Gleichmaß (oder gänzliche Fehlen) des Sonnenlichts einerseits, auf dem Eis zudem durch die fehlende Begrenzung der Sinneswahrnehmung. Eine besondere Art der Erfahrung, die bei vielen Menschen, die mal das Totale "auf sich selbst gestellt sein" erlebt haben, immer wieder aufs Neue suchen.

Der hier vielfach vorhandene Nebel tut ein Übriges dazu: Ist man auf dem Eis, nimmt das sogenannte "White-out" die Orientierung nun gänzlich und man scheint sich völlig zu verlieren, da nun auch noch der Horizont fehlt. Aber auch an der Küste erlebt man ein seltsames Gefühl von Unwirklich-sein, das in dieser Ausdauer und Länge in Mitteleuropa so nicht vorkommt. Rudolf Steiner macht auf alte Erdenzeiten aufmerksam, wo dieser Zustand normal war, der sich noch in den nordischen  Sagen vom "Niefelheim" spiegeln. Alles in allem ist der Norden also nicht nur ein Abenteuer, sondern verändert auch das Verhältnis, das der Mensch zu sich selber hat.

Unten ein paar Nebelbilder als Eindruck:

 
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