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25 Jahre auf Mljet, Kroatien - ein Rückblick:

Herausgegeben von Beatrix Hachtel in Reisen · 2/8/2011 14:24:25

Pomena im Nationalpark Mljet: Ein Rückblick auf fast 25 Jahre, ein Dutzend Besuche und die Veränderungen vor und nach dem Krieg:




Ausführliche Beschreibungen der Orte, des Nationalparks und dem Leben der Einheimischen mit vielen Bildern zu der Insel, Pomena und dem Nationalpark gibt es auf meiner Website:

www.liebe-zur-erde.eu:


http://www.liebe-zur-erde.eu/_pomena.html


http://www.liebe-zur-erde.eu/melita_und_sveti_maria.html


http://www.liebe-zur-erde.eu/sonnenuntergange_auf_mljet_pomena.html





1987 kam ich erstmals hierher: eine kleine Bucht mit Blick auf den Sonnenuntergang, ein Hotel mit 160 Betten, eine Handvoll Häuser der Einheimischen, die sich ihren Broterwerb mit kleiner Pension und Restaurantbetrieb erwirtschafteten. Der Nationalpark zog ausreichend Gäste an, im Sommer gab es keine freien Zimmer mehr und zur Not konnte man auf dem Campingplatz weiter oben schlafen. Nachts herrschte eine Stille, die nicht „leer“ erschien und jeden Mystiker und Romantiker entzückte. Auf der Binneninsel Melita sassen junge Menschen und zeichneten.






Im Hotel spielte 2 Tage in der Woche ein Pianist auf der Terrasse, die zu Zeiten einer vernünftigen Hotelküche auch noch belebt war. Es gab keine Strassenlaternen und Elektrizität hatte erst wenige Jahre vorher Einzug gehalten. Das Hotel hatte einen eigenen Generator, denn jedes 2. Gewitter brachte die Stromversorgung zum Zusammenbruch. Ringsum üppiges Grün und Bewuchs, der Duft von Pinien, Sträuchern und das Zirpen der Grillen.



Die letzten Punkte sind geblieben, alles andere hat sich verändert. Der einzige Wermutstropfen blieb das Wasserboot, die Nautika, die alle 3-5 Tage Wasser vom Festland brachte und den Motor offen auf Deck stehen hatte – damit wurde dann 5 Stunden lang Bucht und Insel beschallt, ein immenser Lärm.

Im Nationalpark durfte nicht gebaut werden. Unter dieser Regelung konnten die ansässigen Familien und noch ein paar andere zwar ihre Häuser ausbauen (oder nach dem Krieg einen Schuppen in eine mächtige 3-stöckige Pension verwandeln), damit war dann aber auch Schluß mit Expansion.
Es war noch die Zeit Jugoslawiens und des Sozialismus: die Leute konnten – nach Ansicht vieler Einheimischer – gut leben und hatten, was sie brauchten. Die bessergestellten Familien hatten ein kleines Motorboot, das zum Fischen und für Ausflüge genutzt wurde. Schon damals brachen die Tische, wenn zum Essen aufgetischt wurde, die Menschen waren freundlich.



Nach dem Krieg, in dem Jugoslawien auseinander fiel, kamen die ersten kleinen Jachten (und westlichen Autos) mit Kroaten an Bord, die vor Arroganz strotzten und denen man lieber aus dem Weg ging. In den Städten tauchten Drogen auf und junge Leute, die offensichtlich unter denselben standen. „Kriegsfolgen“ nannte man diese Erscheinungen. Daß die in Deutschland bezogene Sozialhilfe gespart und zum Wideraufbau der Existenz genutzt wurde, war eine der freundlichsten Erscheinungen in den Nachkriegsveränderungen.



Und so erholte sich das Land, während das alte sozialistische Gemeinschaftsvermögen unter den „Vettern und Freunden“ privatisiert wurde. Dieses spezielle „Sozialsystem“ schlägt sich bis heute in der kroatischen Gesetzgebung nieder, in der es für jede Sachlage eine Regelung und eine Gegenregelung gibt. Das sichert, daß man immer auf der sicheren Seite sein kann.

In Pomena beginnt damit die Zeit der Ausflugsboote, die auf Wochentouren durch die Highlights der Adria kreuzen und die nächtliche Stille Pomenas nutzen, um die bordeigene Diskoanlage mit der der Nachbarschiffe in Wettstreit treten zu lassen. In den 90ger Jahren war das nur ein oder 2 Tage in der Woche der Fall und auch im August konnte man sich noch gut in Pomena aufhalten.
Im Hotel bekam man auf eine nicht-kroatisch gestellte Frage häufig erst mal gar keine Antwort oder einen unfreundlichen Kroatischen Fluch zu hören. Die Küche wurde immer schlechter und auch die dann wöchentlich stattfindenden Roch n´Roll-abende konnten nichts daran ändern, daß das Hotel nichts zu bieten hat als Natur und – zumindest an einigen Tagen in der Woche - Ruhe.
Der Campingplatz wurde geschlossen, da 1. die Leute in den Pensionen/dem Hotel schlafen sollen, 2. Rucksacktouristen schlechte Touristen sind, weil sie kein Geld ausgeben und 3. Keine sauberen Touristen sind. Noch heute werden Rucksackreisende eher abgelehnt, wenn man die Auswahl zu haben meint. Daß der Campingplatz seit nunmehr fast 20 Jahre geschlossen ist, hat sich als Information aber immer noch nicht verbreitet – dazu müsste „man“ (=wer?) diese ja „nach irgendwohin“ weiter geben.
Nach der Jahrtausendwende zieht der Lärm ein – in der Bucht als auch auf den Seen. Das Fahrverbot an den Seen wird für einige „Vettern und Freunde“ aufgehoben, Fahrräder und Kanus vermietet und in der Hauptsaison werden täglich 2000 Touristen am Tag von den umliegenden Inseln und Orten für einen Tagesausflug eingeschifft. Ruhe und Besinnlichkeit der kleinen Binneninsel Melita verschwinden genauso wie die zeichnenden und malenden Studenten. „schnell – viel – alles – Geld“ : das wird zum Lebensmotto. Aber noch findet man stille Plätzchen und das Meer ist noch reich an Fisch.






Das Olivenöl, das an allen Ecken Mljets von Frauen an kleinen Ständen angeboten wird, ist entgegen aller Beteuerungen gepanscht: einmal zu hause angekommen, wird es schnell ranzig, zudem stand es ja eh den halben Sommer in der Sonne und Hitze der Verkaufsstände. Das reine Öl, das die leute selber erzeugen, behalten sie für die eigene Familie oder nutzen es in ihrem Restaurant. Auch wohlmeinende Freunde wissen nicht, wo man ungepanschtes Olivenöl herbekommen kann.

Die Ausflugs-Kreuzfahrtboote kommen jetzt jeden Tag, oft liegen ein Dutzend der Teile am Steg vor dem Hotel und wetteifern umeinander, wer die Lärmhoheit in der Bucht erhält. Nicht alle der Boote machen Rambazamba, und auch nicht immer. Aber oft...:



Wer sich im Hotel beschwert – die Hälfte aller Zimmer liegen zu der Anlegestelle 10 Meter weiter vor den Fenstern hin – bekommt ein Zimmer auf der Rückseite – wenn eines frei ist. Die Übrigen erfreuen sich der Tatsache, daß sie eine Woche Ruhe und Stille in erholsamer Natur gebucht haben und eine Woche nächtliches Rambazamba präsentiert bekommen. Aber: die Flucherei beim Hotelpersonal läßt nach, an der Rezeption werden sie mehrsprachig und die notwendigen Auskünfte liegen in Ordnern aus. Die Hotelküche bleibt berüchtigt, dafür macht die hoteleigene Pizzeria auf, die die besten Pizzas der ganzen Insel bäckt. Die Wege um die Bucht werden ausgebaut und mit grell leuchtenden Straßenlaternen bestückt. Die Nautika, das lärmende Wasserboot, versinkt vor Italien und wird durch ein ruhigeres blaues Wasserboot ersetzt, das seinen Motor zumindest unter Deck hat, dafür aber gleich 3 mal täglich kommt:




Die neuen Jachtbesitzer haben offensichtlich nicht genug Geld oder ziemlich Hunger. Die Einheimischen müssen jedenfalls immer wieder feststellen, daß zum Fischen ins Meer gelassene Körbe aufgebrochen und verbogen wurden, der Fisch entnommen wurde, aber der beschädigte Korb zumindest wieder ins Wasser zurück gelassen wird.




Die Polizisten beginnen, einem neuen Hobby zu frönen: Touristen abkassieren. Überall tauchen sie auf, bemängeln angebliche Verstöße und unterhalten sich untereinander, wie viel dem Opfer vor ihnen aus der Tasche zu ziehen ist. Wer kroatisch spricht, wird als „einer der Ihren“ erkannt und kann weiter fahren.

Seit einigen Jahren erreicht die Gier des schnellen Geldes einen neuen Höhepunkt: in Polace tauchen die ersten Gastwirte auf, die 2 Speisekarten haben: eine zum Bestellen, und eine zum abkassieren. Letztere mit deutlich höheren Preisen. Das Meer scheint so grundlegend leergefischt, daß die ortsfremden Fischerboote dazu übergehen, zur Not schon auch mal die Netzte der Einheimischen nachts aus dem Wasser zu ziehen und nach Fang zu durchstöbern. Wo die Leute aus Pomena früher alle 2 Tage aus ihren Netzen einen halben Eimer Fisch ziehen konnten, ist jetzt Leere. Der Lärm in der Bucht geht oft von Morgens bis Nachts, hat aber auch seinen Preis: waren die Gäste des Hotels früher überwiegend Touristen aus den reicheren EU-Ländern und Amerika, kommen jetzt fast nur noch Gäste aus dem vormaligen Osten Europas. Der Anteil der Deutschen ist von 25% auf 7% geschrumpft. Das Hotel wirbt nach wie vor mit der Ruhe und Beschaulichkeit der Insel und enttäuscht damit ihr Klientel: die die Ruhe suchen und Lärm finden. Wer hingegen Aktivität und Unterhaltung sucht, wäre hier auch verkehrt: es ist ja nicht los - es ist nur laut. Im Nationalpark wurden zusätzliche Kontrollpunkte eingerichtet, damit auch ja niemand ohne Ticket unterwegs sein kann. Die Wasserpolizei geht neuerdings der Frage nach, wie viele Leute auf jedem Boot sind, ob alle eine Eintrittskarte haben (die Zahlen werden nämlich abgeglichen) und ob ein Boot mehr Touristen transportiert als erlaubt oder den falschen Sprit getankt hat. Kostet dann natürlich alles Geld und scheint allemal lukrativer als die Frage, was sich in den Grenzgewässern abspielt. Die Kapitäne der Ausflugsboote müssen natürlich nicht für den Lärm zahlen, den sie illegaler weise auch noch nach Mitternacht fabrizieren, oder vielleicht schon: wurde für das Lärmmachen bezahlt, geht die Polizei nachts schlafen. Wenn nicht, verbleibt eine Streife in Pomena.

Wer nach Pomena oder auf andere Orte der Insel kommt, sollte eines wissen: die Wirtsleute haben alle angeblich kein Geld – schlicht weg für gar nichts. Touristen, die ein Zimmer suchen, werden jedoch nur aufgenommen, wenn sie mindestens 3 Nächte bleiben. Denn für eine Nacht und 50€ am nächsten Tag die Bettlaken waschen müssen – das ist schlicht zu viel Aufwand für das Geld. Das war im Übrigen schon immer so und ist leider Wirklichkeit und absolut kein Witz….

Ich frage Mara, meine Wirtin, warum denn dieses Jahr (2011) bislang so wenig Touristen da sind. "Die Leute haben kein Geld", meint sie. Kein Geld? 2011, von Wirtschaftskrise keine Spur? Mein Eindruck ist eher, daß sich bei Touristen und Jachtbesitzern der Lärm in der Bucht herum gesprochen hat. Die Leute ernten wohl  jetzt allmählich die Früchte ihres Tuns.




Im Landesinneren dieser herrlichen Insel gibt es übrigens auch arme Familien, die von der Hand in den Mund und ehrlicher Arbeit leben. Sie würden sich nie etwas schenken lassen, schämen sich ihrer Armut, arbeiten hart und bleiben ehrlich. Ich habe Exemplare dieser Spezies kennen gelernt und auf meinen Seiten vorgestellt.

Mein Fazit nach 25 Jahren und Reisen im gesamten Mittelmeergebiet ist dieses: Hier ist eines der schönsten Urlaubsparadiese Europas mit großem Regererationspotential für z.B. ausgepowerte Führungskräfte und Naturliebhaber durch unendliche Dummheit, Kurzsichtigkeit und um des schnellen Geldes wegen zu einem Raubgebiet von Vetternwirtschaft, Betrug und Scheinlegalitgät verkommen, die das schnelle Geld der langfristigen Entwicklung vorzieht. Die Konsequenzen sind überall sichtbar und die Touristenzahlen sprechen Bände.

Von der schönen Akustikbeschallung habe ich ein paar Aufnahmen gemacht, verzichte hier aber zunächst mal darauf, die einzustellen. Ob dieser Blogeintrag zu einer Verbesserung führen wird, glaube ich kaum. Zumindest ein Teil der Übeltäter scheint im Tourismusministerium zu sitzen, aber Nationalparkbetreiber und die Inselbewohner selber sind eben auch nicht unschuldig. Auch mir wird es allmählich im Pomena der Hochsaison zu laut und so werde ich mir überlegen, ob ich Erholung nicht woanders suchen muß.






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